Superstar Sting ganz ohne Tratra und Brimborium...
Der englische Sänger und Bassist Sting ist am Donnerstagabend in der ausverkauften Samsung Hall in Dübendorf aufgetreten. Sympathisch schlicht mit klassischer Rockbesetzung. Und doch fehlt etwas.
Es ist verständlich. Das Verlangen nach Einfachheit. Der Wunsch, alles Brimborium auf der Seite zu lassen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Zurück zum Konzert, zurück zur Musik. So steht der englische Sänger Sting mit seinem Bass auf der Samsung Halle in Dübendorf und wird von einer klassischen Rockband begleitet. Zwei Klampfen, ein Schlagzeug – fertig. Keine Video-Leinwand, keine Konfettis, kein Feuerwerk – nichts. Der Fokus ist auf Sting und seiner Band. Einzig den Luxus von drei Backing-Sängern leistet er sich.
Das könnte man durchaus bedauern. Denn die viel schichtigsten, komplexesten Kompositionen von Sting verlangen schon eine grössere Band. Und die Auftritte mit Branford Marsalis (Sax), dem leider verstorbenen Kenny Kirkland (Keys) und dem Schlagzeuger Vinnie Colaiuta sind noch in bester Erinnerung. Doch Sting setzt in seiner aktuellen Tour einen wohltuenden Kontrapunkt zum allgemeinen Tratra des heutigen Konzertbusiness. So hat er Colaiuta, diesen Weltmeister der ungeraden Rhythmen, (er spielt in der aktuellen Band von Herbie Hancock und kommt am 2. Juli nach Montreux) durch einen straighten Rock-Schlagzeuger ersetzt und dem langjährigen Gitarristen Dominic Miller einen typischen Rock-Rhythmus-Gitarristen zur Seite gestellt.
Das funktioniert bestens für die Songs des aktuellen Albums "57th & 9th“ wie "One Fine Day“, "Can‘t Stop Thinkin About You“, "Down Down Down“ und "50,000“, die er in sein aktuelles Live-Programm integriert hat. Doch Stings grossen Police-Hits "Message In The Bottle“ und "Every Breath You Take“ dürfen natürlich nicht fehlen. Auch kein Problem. Bei einem Stück wie "Englishman In New York“ ist die Herausforderung ungleich grösser. Sting versucht es deshalb gar nicht erst, möglichst nah beim Original zu bleiben und verändert den Song auch rhythmisch. Das ist clever. Der Heuler "Roxanne“ wird zu einem Exkurs mit Publikumsanimation und Abstecher zu Bill Withers "Ain’t No Sunshine“.
Das Live-Konzept stimmt in sich und ist sympathisch schlicht. Und doch fehlt etwas. Sein langjähriger Weggefährte, der franzöische Gitarrist Dominic Miller, der beim renommierten Jazz-Label ECM soeben sein empfehlenswertes Solo-Debüt "Silent Light“ abgeliefert hat, ist ein überragender Klangzauberer, ein introvertierter, geschmackssicherer Gitarrist, der sich voll und ganz in den Dienst der Band und des Bandssounds stellt. Doch er sicher kein Rock-Gitarrist, der es auch mal scheppern lässt und erst recht kein ekstatischer Solist. Aber genau das fehlt. Und man fragt sich: Hat der Miller am Konzert auch mal geschwitzt?
Immerhin haben Stings Sohn Joe Sumner im Vorprogramm und im Konzert mit einer kleinen Würdigung von David Bowie ("Ashes To Ashes“) für etwas Abwechslung gesorgt. Das gilt vor allem auch für die "Last Bandoleros“ aus Texas, die mit ihrem energiegeladenen Tex-Mex-Country-Rock, ihrem grossartigen mehrstimmigen Gesang und den solistischen Einlagen des Akkordeonisten für Stimmung sorgten. Eine Entdeckung.
Eine Entdeckung schliesslich ist auch die neue Samsung Hall in Dübendorf. Sie erinnert von der Kapazität (rund 5000 Zuschauer), von der Anordnung und der Akustik her an das Auditorium Stravinski in Montreux und ist eine wohltuende Alternative zum Hallenstadion. Nein, mehr noch: Man wünschte sich, dass die grossen Hallenkonzerte nur noch hier stattfinden würden.
(c) bz Basel by Stefan Künzli