Summer

Jul
31
2016
Wiesbaden, DE
Bowling Green
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Sting begeistert 14,500 Fans in Wiesbaden: Klasse Stimmung trotz Schreibblockade...

 

Gepflegtes Kaiserkonzert-Wetter, 14,500 Fans auf dem heiligen Rasen, Hunderte draußen in schönster Entspanntheit auf der "Rue" - drinnen ein Weltstar im Rocker-Modus: Sting hat seinen entzückend ramponierten Bass noch einmal entstaubt, den Späthipster-Bart abrasiert und zur "Summer Tour 2016" wieder den Sound von gestern ausgepackt. Auf dem Wiesbadener Bowling Green übt der gelegentlich eigenwillige Brite nun nicht nur Ansagen in putzigem Deutsch - er dreht auch kräftig an der Uhr. Ja ja, "So lonely", "Roxanne" und eben die guten alten Police-Zeiten...

 

Vielleicht vor allem anderen aber eine kurze Eloge auf dieses Event selbst - und auf alle, die an Planung, Organisation und Realisierung gewerkelt haben: Zwei Großveranstaltungen binnen 14 Tagen, mitten in der City, nach all den schrecklichen Ereignissen in jüngster Zeit - da darf man den Machern, Helfern und Sicherheitskräften gerade angesichts der großartigen Atmosphäre beim Kurhaus-Gig des "Englishmans" mal ein großes Kompliment machen. Punkt. Und wenn die Live-Kamera zu "Message in a Bottle" übers ausverkaufte Bowling Green schwenkt, muss eigentlich jedem Wiesbadener sowieso das Herz aufgehen. Die Kurstadt lebt, selbst am Sonntag - dem kulturellen "Brückenschlag" mit Mainz sei Dank.

 

Womit wir wieder bei Sting wären, der nach dem dreistündigen Pink-Floyd-Hochamt von David Gilmour vor zwei Wochen nun eher auf Konfektionsmaße und Songwriter-Sohnemann Joe Sumner im Vorprogramm setzt: 90 Minuten, 19 Nummern, drei Zugaben inklusive des wunderbar ätherischen "Fragile" - das war's vom bald 66-Jährigen, der, noch nicht lange her, dem "New York Magazine" gebeichtet hat: "Es ist unwahrscheinlich, dass ich je wieder einen großen Hit haben werde. Meine Mine ist ausgebeutet."

 

In der Tat sind seit seinem letzten "echten" Pop-Album "Sacred Love" ganze 13 Jahre vergangen - und "57th & 9th", das neu angekündigte Werk, soll erst im November fertig sein. Es war also quasi voraussehbar, dass der Bowling-Green-Besuch zu einer rockigen Reminiszenz an die glorreicheren Tage werden würde - vom Grammy-prämierten Opener "Every Breath you take" (1984) über "Invisble Sun" und "Every little Thing she does is magic" (beide aus 1981) bis zur unvermeidlichen "Roxanne" (1978), die der Maestro mit Bill Withers Oldie "Ain’t no sunshine" verschachtelt. Zwischendurch ertönen natürlich auch seine Solo-Hits der Marke "Fields of Gold" oder "When we dance".

 

Alles bestens abgehangenes (Police)-Material, muss man feststellen. Und ganz böse Zungen könnten sogar spötteln, der distinguierte Brite singe noch immer leidenschaftliche Lieder mit wenig Leidenschaft.

 

Andererseits: Nach mittelalterlicher Lautenmusik von John Dowland ("Songs from the Labyrinth"), elegischen Schneemann-Weihnachtsweisen ("If on a Winter’s Night"), symphonischem Hit-Recycling ("Symphonicities") und dem wenig erfolgreichen Broadway-Musicalprojekt "The Last Ship" - alles in der letzten Dekade - ist man schon wieder glücklich, den "alten" bartlosen Sting zu erleben, der nebenbei immer noch mit Verve in den Viersaiter greift.

 

Auch bei seiner Band hat er auf Bewährtes gesetzt: Dominic Miller (Gitarre), Vinnie Colaiuta (Drums), Routinier David Sancious (Keys), Fiddler Peter Tickell und Backvocal-Elfe Jo Lawry sind seit Langem ein eingespieltes Team, das der Kölner Percussionist Rhani Krija ergänzt - ein Saxofon bleibt diesmal außen vor.

 

Dafür gibt es zwischendrin immerhin zwei Cover-Songs von Genesis ("Dancing with the Moonlight Knight")/Peter Gabriel ("Shock the Monkey") - und zum frühen Ende, trotz aller Begeisterung der Fans, ein etwas ambivalentes Rest-Gefühl: Toller Konzertabend auf dem Green, klasse Stimmung, und schön auch, dass Sting nicht mehr verkopftes Nischen-Zeugs präsentiert. Noch besser allerdings wäre gewesen, er hätte seine Schreibblockade vielleicht doch etwas früher beendet.

 

(c) Wiesbadener Kurier by Peter Müller

 

Sting ohne Bart – und mit viel Biss...

 

Vor 14,500 begeisterten Fans hat Sting am Sonntagabend einen grandiosen Auftritt in Wiesbaden hingelegt. Ein energisches und kraftvolles Konzert – die ruhigeren Klänge kamen fast schon zu kurz.

 

Ein orangefarbener Sonnenuntergang, eine atmosphärische Kulisse unter freiem Himmel und die Musiklegende Sting auf der Bühne – eine perfekte Mischung für einen grandiosen Konzertabend am Sonntagabend auf dem Bowling Green vor dem Wiesbadener Kurhaus.

 

Fang mit deinem größten Hit an und lege langsam und stetig nach – so lautet das Motto für die Dramaturgie dieses Abends. "Every Breath You Take" ist der kraftvolle Opener, ein Meer von erhobenen Händen begrüßt Sting.

 

Vom ersten Song an gibt er die Marschrichtung vor: sie ist rockig. Nach zwei Songs aus seinen Solo-Alben folgt das raue "Driven To Tears", eine Sting-Komposition aus der Zeit mit Police.

 

Sollten sich die Fans im Vorfeld des von hr1 präsentierten Konzertes gefragt haben, ob Sting es noch immer drauf hat, so besteht nach diesem Auftritt nicht der leiseste Zweifel daran. Stimmlich und spielerisch in Bestform mit einer grandiosen Band im Rücken, zu der auch sein langjähriger Gitarrist Dominic Miller gehört, spielt der 64-Jährige ein energetisches, mitreißendes Konzert und wirkt auf der Bühne kraftvoller denn je.

 

Auch wenn Sting über die Jahrzehnte mit feinen, mal mehr akustischen, mal mehr jazzigen Alben überrascht hat – in Wiesbaden, auf seiner Sommertour 2016, lässt er es krachen. Und erfreut seine Fans mit gekonnten Ansagen in Deutsch.

 

Die Jahre seiner Police-Ära von 1977 bis 1984 sind mit acht Songs, knapp der Hälfte des Programms, stark repräsentiert. Auf die Frage, warum das so ist, antwortet Sting im Interview ganz schlicht: "Nun, ich habe sie geschrieben, also spiele ich sie auch."

 

Es macht ihm sichtlichen Spaß. "So Lonely", "Every Little Thing She Does Is Magic" und "Message In A Bottle" – dass diese Lieder schon mehr als dreißig Jahre auf dem Buckel haben, merkt man an keiner Note. Frisch und kraftvoll fegen sie von der Bühne, oftmals lebendiger als auf Platte. Sting, wieder bartlos, zeigt musikalisch viel Biss. Jeder Police-Song atmet den Geist der Post-Punk-Ära und ist dabei kein bisschen angestaubt. Das Publikum liebt es.

 

"Roxanne" gehört ebenfalls in diese Reihe, die allererste Police-Single aus dem Jahre 1978, die es direkt auf Platz zwölf der britischen Charts schaffte. Der Song über die Liebe zur Prostituierten Roxanne beginnt fetzig wie immer und wandelt sich dann im groovenden Mittelteil hin zu Bill Withers "Ain't No Sunshine (when she's gone)", um dann wieder zu Roxanne zurückzukehren.

 

Neben den besonders gelungenen Sting-Songs "The Hounds of Winter" und "Englishman In New York", bei dem der Bowling Green besonders enthusiastisch singt, finden sich noch zwei Peter Gabriel/Genesis-Cover im Programm, schmückende Übernahmen aus der "Rock Paper Scissors"-Tour, die Sting und Peter Gabriel 2016 durch Nordamerika gemacht haben.

 

Einziger Wehmutstropfen des Abends war, dass Stings große, sanfte Songs etwas zu kurz gekommen sind. Sie hätten ein bisschen mehr Einlassen, Raum und Intensität gebrauchen können.

 

Mit den ersten Klängen an diesem Abend sind die erhöhten Einlasskontrollen, die langen Schlangen vor den Eingängen und den Getränkeständen vergessen: einmal mehr hat das Areal des Bowling Green für einen denkwürdigen Abend in einer wunderbaren Atmosphäre gesorgt. Das Konzert in Wiesbaden entlässt 14,500 glückliche, euphorisierte Sting (und Police)-Fans in die Nacht. 

 

(c) Hessenschau by Konnie Keller

 

Sting trumpft immer noch auf...

 

Sting blickt auf Wiesbadens Bowling Green vor allem zurück auf seine Police-Zeit - und rockt, wenig nostalgisch, die hessische Hauptstadt.

 

Die Familienähnlichkeit ist erheblich, optisch und auch stimmlich: Joe Sumner, Sohn von Gordon Matthew Thomas Sumner, wärmt das Publikum ein wenig an vor dem Konzert seines Vaters auf dem Wiesbadener Bowling Green. Der Applaus für Sumner ist freundlich; aber es muss doch auch seltsam sein, im Vorprogramm-Schatten des so berühmten, verehrten Vaters zu stehen – 14 500 sind diesmal gekommen, um den älteren Sumner zu hören, der sich Sting nennt. Joe Sumner hat durchaus hübschen, leicht angerockten Singer/Songwriter-Mainstream mitgebracht. Sting aber kann knapp zwei Stunden lang Mega-Hit an Mega-Hit reihen und muss dazwischen höchstens einmal einen Schluck Wasser trinken.

 

"Guten Abend meine Damen und Herren“ sagt er artig, auf Deutsch. Und nie würde es ihm – wie manchem anderen Superstar – passieren, dass er nicht weiß, an welchem Ort er auftritt. Der Wiesbadener Himmel wölbt sich fast durchgehend wolkenlos blau, der Sicherheitschef meldet sich glücklicherweise nur vor dem Konzert ein einziges Mal, das Kurhaus liegt just dann in herrlichster Abendsonnenglut, als Sting „Fields of Gold“ anstimmt.

 

Im November soll ein neues Album erscheinen, auf der aktuellen Tournee allerdings dominieren die guten alten, unverwüstlichen Police-Titel. Um Punkt acht Uhr startet Sting mit „Every Breath You Take“, vor den Zugaben endet er mit dem Gassenhauer „Roxanne“, in den er allerdings apart Bill Withers’ „Ain’t No Sunshine“ flicht. Vom Genesis-Song „Dancing With the Moonlit Knight“ mit der ikonischen Textzeile „selling England by the pound“ leitet er an anderer Stelle über zu „Message in a Bottle“. Wenn diese Kombination eine politische Aussage, vielleicht zum Brexit, beinhaltet, dann gibt das der Brite Sting jedenfalls nicht zu erkennen.

 

Wie stets bei seinen Auftritten ist er lässig, freundlich (manchmal vielleicht ironisch lächelnd), unanbiedernd, er duelliert sich – etwa im gitarrenlaufprasselnden „Driven to Tears“ – mit seinem langjährigen Gitarristen Dominic Miller, lobt und preist seine Musiker. Er hat aber auch schon weniger routiniert gewirkt, war großzügiger bei seinen Zugaben als am Sonntagabend in Wiesbaden.

 

Sting reiste unter anderem auch schon als Lauten-Spieler und -Sänger; diesmal scheint er vor allem mit rockigen Police-Nummern zurückzublicken. Doch trägt er bereits die längste Zeit nicht mehr das Police-Etikett, es hat sich über Jahrzehnte ein Konvolut starker Sting-Songs angesammelt, von denen es an diesem Abend ruhig ein paar mehr hätten sein dürfen. Der röhrende Sänger kam öfter zum Zug als der fein nuancierende, der diabolische „Hounds of Winter“-Heuler prominenter als der „Mad About You“-Charmeur.

 

Doch einmal mehr war in Wiesbaden zu erkennen, dass das Alleinstellungsmerkmal Stings (immer noch) seine einerseits helle, andererseits mit charakteristischen Ecken und Kanten versehene Stimme ist. Er lässt sie steigen, er lässt sie reiben. Mit 64 kann er doch immer noch mit ihr auftrumpfen.

 

Der Herbst wird zeigen, ob er auch noch hin- und mitreißende Songs schreiben kann. Sting kündigt eine rockige Platte an, mag sein, dass er sich derzeit schon mal warmspielt für seine nächste, dann nicht mehr nur zurückblickende Tournee.

 

(c) Feuilleton-Redakteurin by Sylvia Staude

 

Sting rockt in Wiesbaden - Sein neues Album folgt im Herbst...

 

Wiesbaden. Seit dem Tod von Motörhead-Lemmy ist Gordon "Sting" Sumner also endgültig der letzte Sänger-Bassist des Rock. Das mag seiner wahren Bandbreite von Reggae über Jazz und Fusion bis hin zu Klassik-Ausflügen vielleicht nicht gerecht werden. Doch wenn im Herbst nach 13 Jahren erstmals wieder ein reguläres Sting-Album erscheint, so verspricht Produzent Martin Kierszenbaum, werde Sting "rocken wie zuletzt auf ,Synchronicity’", dem letzten Police-Album von 1983. Was das heißt, darauf erhielten am Sonntag 12.000 Fans auf dem "Bowling Green" in der Wiesbadener Innenstadt einen Vorgeschmack.

 

Dabei gibt es noch kein neues Material zu hören. Im Gegenteil: Fast die Hälfte des Abends bestreitet Sting gar mit alten Police-Stücken, den offensichtlichen (wie "So lonely") und den weniger bekannten (wie "Next to you"). Und höre da: Sie klingen so energiegeladen wie lange nicht - im Tempo ein Stück reduziert, dafür umso druckvoller, wenn Gitarrist Dominic Miller (als "Herr Dominik Müller" vorgestellt) auf den Verzerrer oder das Wah-Pedal steigt. So gerät gleich zum Auftakt "Every breath you take" endlich einmal nicht in Gefahr, als Liebeslied missverstanden zu werden.

 

64 Jahre ist sein Autor alt, praktisch kurz vor der Rente. Man sieht und hört es ihm nicht an - all die Jahrzehnte Yoga und Makrobiotik, oft belächelt, zahlen sich eben aus. Einzig "Every little thing she does" nach gut einer Stunde schwächelt ein wenig, ansonsten nimmt Sting alle Höhen immer noch spielend.

 

Die Spielfreude treibt auch das Best-Of aus Stings Solo-Katalog voran: Ob nun "If I ever lose my faith" zum schwer drückenden Jam ausartet oder "The hounds of winter" in ein mystisch-düsteres Outro mündet, während Sting und Background-Sängerin Jo Lawry um die Wette bellen und heulen. Dahinter legen Schlagzeuger Vinnie Colaiuta und der kölsch-marokkanische Percussionist Rhani Krija das Fundament für David Sancious (Keyboards) und den jungen Teufels-Geiger Peter Tickell. Zuweilen tritt auch Sumner-Sohn Joe mit ans Mikro. Was diese Welt-Auswahl an Musikern am jazzigen Mittelteil von "Englishman in New York" wegknausert, zahlt sie um ein Mehrfaches wieder aus, wenn sie sich von "Roxanne" zu Bill Withers’ "Ain’t no sunshine" hinüber- und wieder zurückimprovisiert.

 

Sting kann eben nicht nur barocke Lautenmusik covern. Von Peter Gabriel, mit dem er gerade auf Tour war, hat er zwei Songs übernommen: Erst "Shock the monkey", später die ersten Verse des Genesis-Opus "Selling England by the Pound". "Can you tell me where my country lies?", heißt es da - als Vorspiel zu Stings Einsamkeitshymne "Message in a bottle". Was als Statement zur Isolationslust seiner Brexit-befallenen Heimat schon reicht. Er könnte mehr sagen - der polyglotte Nordengländer spricht fast nur Deutsch auf der Bühne. Doch sind seine Texte genug Botschaft, auch in politisch bewegten Tagen wie diesen.

 

"What is my reaction? What should it be, confronted by this latest atrocity?", heißt es in "Driven to tears", noch so eine Police-Perle. Pop in Zeiten des Terrors - darf das? Es muss sogar. "And they’re only going to change this place / By killing everybody in the human race / (...) But I don’t even wanna die just yet", heißt es in "Invisible Sun". Der Bogen schließt sich mit "Fragile", mit dem Sting einst am Abend des 11. September 2001 ein Konzert eröffnete. Hier dient es, nach Eindreiviertelstunden, als Rausschmeißer und Memento mori für die 12.000 vor dem mondänen Kurhaus, auf angrenzenden Balkonen - und für die zwei mutigen Zaungäste, die auf dem Gerüst eines abbruchreifen Hochhauses nebenan gelauscht haben.

 

(c) Rhein-Neckar-Zeitung by Daniel Bräuer

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