Superstar Sting in der ausverkauften Waldbühne...
Es ist nicht so einfach, nach einem Über-Event wie den Madonna-Konzerten wieder zur popmusikalischen Tagesordnung überzugehen. Was kann ein gesitteter Musiker wie Sting schon gegen die Queen Of Cool ausrichten? Eine ganze Menge, finden 22,000 Zuschauer - die Waldbühne ist ausverkauft. Vor zwei Jahren erschien das bislang letzte Studioalbum (Brand New Day) des britischen Sängers und Bassisten, doch bei gestandenen Musikern verblasst Aktualität eben schon einmal im Angesicht eines Lebenswerks, das in diesem Fall über zwanzig Jahre umspannt.
Gordon Sumner alias Sting ist, das beweist der genau neunzigminütige Auftritt einmal mehr, kein Mann der Geste und Show. Bei ihm gibt es keine opulente Choreografie und kein spektakuläres Bühnenbild zu bewundern. Der Engländer, der schon in früheren Jahren Jazz-Koryphäen wie den Saxofonisten Branford Marsalis um sich scharte, hat diesmal sechs Musiker mitgebracht, von denen Schlagzeuger Manu Katché und Gitarrist Dominic Miller zu den Spitzenkräften ihres Fachs gehören.
Solche Leute versteckt man nicht im Vexierspiel der Effekte. Solche Leute lässt man gewähren. Sting tut das. Verschiedene Male gehen er und seine Begleiter aus sich heraus und ziehen die von Platte bekannten Strukturen mit Spielfreude in die Länge.
Das präsentierte Songmaterial ist durchweg bekannt und lässt sich in drei Teile gliedern. Da wären zunächst einmal Titel aus Brand New Day, mit denen sich Sting am kosmopolitischen Zeitgeist orientiert. 'A Thousand Years' eröffnet den Abend mit nachdenklicher Stimmung. Beim energetischen 'Perfect Love...Gone Wrong' kommt Katché nach vorne und liefert einen Rap in französischer Sprache ab. 'Fill Her Up' ist von Country-Elementen beeinflusst. Beim orientalisch angehauchten 'Desert Rose' gibt es die einzigen Bühnen-Extravaganzen in Form von kleinen Feuerimpressionen zu bewundern. Diese zum Teil anspruchsvollen Stücke werden vom Publikum brav beklatscht.
Niemand fühlt sich durch die Augenblicke künstlerischer Ambition gestört. Schließlich gibt es genug Hits aus Stings Solokarriere zu hören. Das temperamentvolle 'If You Love Somebody Set Them Free' bringt erste Begeisterungsstürme. Romantische Balladen wie 'Mad About You' oder 'Fields Of Gold' reflektieren die harmonische Seite dieses Musikers. Den größten Beifall erntet erwartungsgemäß der Single-Klassiker 'Englishman In New York' mit seinem eingängigen Refrain.
Interessanterweise ist es keine von Sting im Alleingang geschriebene Komposition, die das Publikum von den Sitzen reißt. Nein, es ist 'Every Little Thing She Does Is Magic', einer der vielen markanten Momente seiner früheren Band The Police. Dieses Stück erschien, als viele der im Halbrund Anwesenden noch zur Schule gingen und zu Police-Songs ihre erste Liebe fanden. Im selben Atemzug darf natürlich 'Roxanne', die ewig junge Hymne drangvoller Teenager, nicht fehlen.
Dass der fast 50-Jährige sie heute noch mit spürbarer Überzeugung spielt, spricht für seine Frische. Ob er solchen Klassikern weitere hinzufügen kann, wird sich zeigen. Fürs Erste hat sich der ''elder statesman des Pop'' in äußerst rüstiger Verfassung vorgestellt.
(c) Berliner Morgenpost by Michael Hufnagel