Der schlafende Busfahrer beim Sting-Konzert...
"Entscheidend ist auf‘m Platz“, heißt es im Fußball. Das gilt auch für die Jazz Open mit dem Innenhof des Neuen Schlosses als großer Bühne. Doch auch drumherum ist viel los. Randnotizen.
Zaungäste – davon gibt’s am Sonntagabend auf dem Schlossplatz mindestens so viele wie zahlende Gäste. Die ausgefeilte Tontechnik und ein Sichtfenster in Richtung Videoleinwand machen‘s möglich. Hunderte linsen vom Alten Schloss aus in Richtung Bühne, um etwas von Sting zu erhaschen, vor allem aber um seinen Hits zu lauschen.
"Every Breath you take“ – Die Stimmung ist ausgezeichnet. Friede, Freude, gibt es in der City reichlich. Nur keinen Eierkuchen. Dafür vieles andere. Die Leute haben Picknickdecken mitgebracht, breiten sich auf dem Rasen aus und lassen es sich gut gehen.
"King of Pain!“ – Auch am Königsbau ist Sting ein Thema. Bei Martha’s sind die Liegestühle gefragt. Ein Paar hat welche ergattert – in freudiger Erwartung des Konzertes. Leider kann Sting stimmlich mit den schnatternden Herrschaften links und rechts nicht mithalten. Entnervt räumen die beiden nach kurzer Zeit die Plätze. "Sie hören hier sowieso nichts“, geben sie ihren Nachfolgern mit auf den Weg.
"Walking on the Moon“ – Zwei Welten treffen aufeinander: das junge Paar aus der Ukraine, das von der Anti-Kriegs-Demo kommt, und das ungezwungene Leben auf dem Schlossplatz. In die ukrainischen Farben gehüllt stehen die beiden jungen Leute etwas verlassen vor dem Herzog-Christoph-Denkmal und blicken in Richtung pralles Leben. Die Verbindung zwischen ihnen und den Jazz Open besteht in dem riesigen blau-gelben Banner über der Tribüne mit der Aufschrift "Peace“.
"Every Little Thing She Does Is Magic“ – Vor dem Kunstmuseum läuft ganz andere Musik. Eine Gruppe junger Männer mit arabischen Wurzeln stöpselt ihre Handys an eine große Lautsprecherbox an, um dann gemeinsam zu tanzen. Die Box ist Teil der Installation des Künstlers Tobias Rehberger, der gerade im Kunstmuseum ausstellt. Dabei werden die Töne in Lichtsignale übersetzt. Die Glasfassade flimmert im Rhythmus orientalischer Musik.
"So lonely“ – Kurz vor dem Finale hat ein Busfahrer aus Heidelberg seinen großen Auftritt. Sein Bus steht vor dem Alten Schloss. Er hat das Fenster runtergekurbelt. Während vom Innenhof her die Musik dröhnt, lehnt er sich aus dem Fenster und bittet Passanten, doch etwas leiser zu sein: "Ich würde gerne schlafen.“
"Englishman in New York“ – Als Sting seinen Auftritt nach eineinhalb Stunden beendet, tritt ein junger Mann vor das Alte Schloss und spielt auf der Akustikgitarre Sting-Songs nach. Die Leute bleiben stehen, wenn auch nicht so viele. Sein Gitarrenkoffer füllt sich langsam mit Münzen.
"Wrapped Around Your Finger“ – Beim Eckensee wartet nach Konzertende eine Gruppe Fans darauf, dass Sting das Neue Schloss verlässt. Groupies sehen anders aus – vor allem etwas jünger. Als er endlich kommt, sein Instrument auf den Rücken geschnallt, winken alle. "Ein großartiges Konzert!“, ruft einer. Sting winkt zurück und steigt in den wartenden Bus. Das war der Englishman in Stuttgart.
(c) Stuttgarter Zeitung by Jan Sellner