In Berlin plaudert Sting zwischen den Songs auf Deutsch...
Bei der "My Songs"-Tour in der Mercedes-Benz-Arena führt Sting durch sein Werk. Der Titel ist Programm.
Schon bei den ersten Takten ist klar: Dieses Konzert hat das Zeug, die Pole Position der Top Ten in den diesjährigen Live-Event-Charts zu erstürmen. Was sich spätestens beim von Drum-Kaskaden befeuerten Mega-Hit "An Englishman in New York" bewahrheitet. Gerade mal der vierte Track auf der abendlichen Setlist.
Weltstar Sting gibt sich die Ehre und macht auf seiner "My Songs"-Tour Station in der bis auf den allerletzten Platz ausverkauften Mercedes-Benz Arena. Der Titel ist Programm. Ein Best-of aus Sting- und Police-Klassikern, von denen keiner jünger ist als zwanzig Jahre.
Sting selbst ist schließlich auch mittlerweile 68 Jahre alt. Wenngleich die Zeit scheinbar spurlos an ihm vorbeigegangen ist. Drahtig und trainiert in T-Shirt und Jeans, sieht er sexy aus wie eh und je. Rentner können andere, er ist und bleibt Rockstar.
Sting nimmt das Publikum mit auf eine Zeitreise. Plaudert auf Deutsch. Erzählt anfangs die Geschichten hinter den Songs. Aber zunächst gibt es ein "Guten Abend". Und, dass er sich die Schulter verletzt hat, nicht Gitarre und Bass spielen, aber singen kann.
Dann erzählt er noch, wie er in Paris zum Song "Roxanne" inspiriert wurde. Damals zu Beginn seiner Karriere mit Police. Und der Abend startet mit einer rockigen, heutigen Version des Hits. Gefolgt von dem so grandiosen wie unverwüstlichen "Message in a Bottle". Dem endgültigen Durchbruch des Trios Ende der Siebziger.
Geboren als Gordon Matthew Thomas Sumner im Nordosten Englands, ist er seit über fünf Jahrzehnten im Geschäft. Ab Mitte der Achtziger als Solokünstler. Längst eine lebende Legende.
Glücklicherweise übertreibt Sting es nicht mit den Anekdoten. Aber er ist ja auch Musiker, keine Plaudertasche. Gut so. Der Auftritt konzentriert sich ganz auf die Musik, ist zurückhaltend inszeniert. Mit einer umwerfenden Lichtregie und zwei eher bescheidenen Screens.
Wie man es von Sting kennt, spielt er seine Hits live nicht einfach so, wie sie die Alben gepresst sind, sondern in einem neuen Soundgewand. Diesmal interpretiert er seine Songs mit typischer Rockbesetzung. Gitarren, Bass und Schlagzeug. Dazu Keyboards, Background-Gesang und Mundharmonika. So gelingen wuchtig-zarte Arrangements zwischen Rock, Funk, Soul, Reggae und jazzigen bis weltmusikalischen Anleihen.
Oft inflationär gebraucht, trifft der Begriff "Ausnahmekünstler" auf Sting wie auf wenige andere zu. Über 100 Millionen Tonträger sind beredter Beweis. Musikalisch hat sich Sting über die Jahre immer wieder neu erfunden. Und ist doch Rockmusiker geblieben. Er hat Ausflüge in den Jazz und in die Renaissance-Musik gemacht, schrieb das Musical "The Last Ship" und war mit dem Royal Philharmonic Orchestra auf Tour. Kaum einer ist so vielfältig wie er. Und so vielfach preisgekrönt. Sting ist unter anderem 17-facher Grammy-Gewinner. Sechs der begehrten Trophäen erhielt er mit Police, elf als Solokünstler.
Bei der glanzvollen Karriere ist klar, dass auch der Abend reich an Höhepunkten und Lieblingsliedern ist. Eigentlich gibt es von ihm ohnehin keine anderen. Exquisit, die sanfte Version von "Fields of Gold". Ebenso wie das hoffnungsvolle "Brand New Day".
Mit unverwechselbarer Stimme veredelt Sting seine traumhaften Melodien, denen man sich nicht entziehen kann. "Shape of my Heart" ist so eine, die lange nachhallt. Wie auch der fabelhafte Song "Desert Rose" mit dem orientalischen Kehlkopfgesang-Intro. Dabei steht die Halle schier Kopf.
Rockig wird es vor allem bei den Police-Klassikern. Wie "Walking on the Moon", den Sting nahtlos in Bob Marleys "Get up, stand up" übergehen lässt. Oder "So lonely". Dann singt die ganze Arena mit.
Keinen Hit, den Sting an diesem Abend nicht performt. Das Konzert endet wie immer bei ihm mit "Fragile". Die Pole Position der Top Ten ist dafür nicht genug.
(c) Berliner Morgenpost by Ulrike Borowczyk