Sting begeistert im Kölner E-Werk 2,000 Fans...
Eines kann man Sting gewiss nicht vorwerfen: dass er sich immer wieder selbst reproduziert. Gordon Matthew Sumner, so sein bürgerlicher Name, erfindet sich gern immer wieder neu.
Seit 1985 wandelt der Ex-Police-Frontmann schon auf Solopfaden und hat seither etliche Wandlungen durchlebt. Zuletzt entdeckte er die intime musikalische Welt des englischen Renaissance-Musikers John Dowland für sich oder ging beim Symphonicities-Projekt mit einem ganzen Sinfonieorchester auf Tour.
Im ausverkauften Kölner E-Werk präsentierte er sich jetzt unter dem Motto "Back to bass", zurück zu den Wurzeln sozusagen. Mit kurz rasiertem Haar, in Jeans und T-Shirt, das die durchtrainierten Oberarme des 60-jährigen unterstreicht, betritt er die Bühne. Den ziemlich abgewetzten Fender-Bass in der Hand stimmt er zu Beginn gleich 'All This Time' an, ein rockiger Beginn mit druckvollen Gitarrenriffs und knochentrockenem Schlagzeug.
Begleitet wird er dabei von einer fünfköpfigen Band, in der sich neben Stings Weggefährten Dominic Miller und dessen Sohn Rufus auch der Schlagzeuger Vinnie Colaiuta, der Geiger Peter Tickel und die Sängerin und Geigerin Jo Lawry befinden. Auch Police-Klassiker gehören zum Set: Mit 'Every Little Thing She Does Is Magic' zieht er als zweitem Stück des Abends die 2,000 Fans im E-Werk handstreichartig auf seine Seite.
Das "Back to bass"-Programm kommt ganz ohne Show-Schnörkel aus. Ein paar Scheinwerfer beleuchten die schwarze Kulisse. Mehr braucht es nicht für einen großartigen Abend, den die Fans in der fast intimen Club-Atmosphäre des E-Werks gestern erlebten. Natürlich kommt es gut an, wenn Sting seine zum Teil sehr ausführlichen Ansagen in relativ flüssigem Deutsch macht.
Die Musik ist beinahe genauso bodenständig wie die reduzierte Show. Gleichwohl holt er alles aus den Stücken heraus. Seine Detailbesessenheit macht sich hier im besten Sinne bemerkbar. In Stücken wie 'Seven Days' oder 'Fortress Around Your Heart' wird's ein bisschen jazzig, wobei Schlagzeuger Vinnie Colaiuta die komplexesten Rhythmen locker aus dem Handgelenk schüttelt, während Sting selbst virtuos den Bass zupft.
'I'm So Happy I Can't Stop Crying' kommt als Ausflug ins Country-Fach daher - inklusive passender Fiedel (die sonst ein bisschen nervt). Für druckvollen Rock ist Rufus Miller zuständig. In der Uptempo-Nummer 'Driven To Tears' beglückt er das Publikum mit einem grandiosen Gitarrensolo. Und dazu immer die charakteristische Stimme Stings, die heute wärmer, nicht mehr ganz so schneidend klingt. Der Musik bekommt's gut.
(c) General-Anzeiger by Bernhard Hartmann