Englischer Patient in bester Stimmung: Der frühere Police-Mann begeisterte seine Fans mit alten Hits und mit ausgelassener Freude am Spielen...
Was ist nur mit diesem Mann los? Er spricht, er spricht tatsächlich mit dem Publikum, wirft Kusshändchen um sich, echot ''ich liebe dich'' zurück als ihm eine junge Frau ''I love you'' entgegenschmettert. Kaum zu glauben, wenn man an die Konzerte denkt, bei denen Sting stocksteif hinter dem Mikrofon stand und am Ende mit einem unverbindlichen Winken von der Bühne ging.
Heute jedenfalls ist er anders. Vielleicht hat das mit dem neuen Sting zu tun, der nicht mehr die großen Probleme dieser Welt lösen möchte. Der lieber von der Liebe erzählt. Was er allerdings an diesem Abend in der Frankenhalle präsentiert, ist in erster Linie seine alte Musik. Vielleicht hat ihm das Münchner Konzert zu denken gegeben. Dort hat er zu lange mit Neuem herumexperimentiert. Stimmung wollte nicht so recht aufkommen. Erst mit Gassenhauern wie 'Roxanne' oder 'Every Little Thing She Does Is Magic' waren die Fans zufrieden.
In Nürnberg ist Sting ganz und gar präsent, nicht wie so oft abwesend versunken in seine Musik. Er lässt die Yoga-gestählten Muskeln spielen (natürlich trägt er ein ärmelloses T-Shirt), nimmt einen Schluck von dem Zeug, das aussieht wie eine in Wasser aufgelöste Vitamin-C-Tablette - ist es wahrscheinlich auch, schließlich hat er sich so erkältet, dass er das Konzert beinahe absagen musste. Gut, dass er es nicht getan hat. Der charismatische Mensch aus England ist gut gelaunt, geradezu ausgelassen. Er wechselt permanent das Tempo, springt von einer Ecke der Bühne zur anderen, beugt sich hinunter zu den Fans, die sich zu seinen Füßen drängen.
Perfekt sind die Übergänge, Lied geht in Lied über, seine Stimme erfüllt die Halle, die für ihre Akkustik nicht eben berühmt ist. Aber Sting lässt das vergessen. Gleißendes Scheinwerferlicht schwenkt über das Publikum hinweg. Dann bricht Dunkelheit herein: 'Desert Rose' - Wüstenblume. Gut, Cheb Mami, der Algerier, ist nicht dabei. Aber Sting kriegt das mit Abstand schönste Lied seiner neuen CD auch alleine ganz gut hin. Auf der Bühne lodern Feuer, sie wird zur Oase der Entrücktheit.
Nach 'Moon over Bourbon Street' braucht er einen Schluck von seinem Kraft-Trunk. Vom Anheulen des Mondes ist ihm die Kehle trocken geworden. Sting macht keine Pause, lässt die Fans nicht warten, die Stimmung nicht unnötig abkühlen. Dann Wolkenkratzer-Kulisse: 'Englishman in New York' - ein tausendstimmiger Chor begleitet ihn. Bei 'Fields of Gold' kommen die Feuerzeuge zum Zuge. Werden über den Köpfen hin und her geschwenkt.
Nach eineinhalb Stunden verlässt die Band im Gänsemarsch die Bühne. ''Aber das ist doch nicht ihr Ernst?'' Nein, junger Mann, ist es nicht. Sting nimmt die Akkustik-Gitarre und spielt seinen Fans Fragile - zerbrechlich, wie der Mensch nun einmal ist. Wunderkerzen sprühen Sterne in die Dunkelheit. Sting legt die Handflächen aneinander, verbeugt sich vor dem Jubel und entschwindet.
(c) Nürnberger Zeitung by GS
Liebesgrüsse Per Flaschenpost...
Natürlich haben auch Jungakademiker, Erfolgsmenschen, Kosmopoliten, Anspruchsvolle, Singles, Midlife-Krisenopfer, natürlich hat auch die vielbeschworenen neue Mitte ein Recht auf gute Unterhaltung. Dafür ist im Zweifelsfall Sting zuständig. Er garantiert seit mehr als zwanzig Jahren musikalische Qualität und Geschmack, political correctness und Herzensbildung. Er ist ein Mann in den besten Jahren, der gern seine Muskeln spielen lässt, aber kein Macho, er verwechselt Gefühl nicht mit Sentimentalität und sorgt nicht für Aufruhr, sondern höchstens für ein ziemliches Verkehrschaos - wie jetzt beim Gastspiel in der Nürnberger Frankenhalle.
Ein Teil von Stings Erfolg rührt wohl daher, dass sich auch im Zeitalter von e-mail und sms (short message system) viele insgeheim nach einer Flaschenpost mit Liebesgrüßen sehnen. Will heißen, Romantik statt Elektronik. Wie sonst soll man den kollektiven Hilfeschrei beim Dauerbrenner 'Message In A Bottle' verstehen? Der Star steht allein auf der Bühne, begleitet vom gewaltigen Chor der 7,500 begeisterten Besucher. Aber da neigt sich das Konzert schon dem Ende entgegen und die Stimmung dem Höhepunkt.
Zuvor hat Sting seinen guten Ruf wieder einmal bestätigt. Gerade von einer Grippe genesen, die ihn zu einer Tourneeunterbrechung zwang, präsentiert sich der Sänger in Nürnberg wortkarg, aber spielfreudig. Die ersten beiden Stücke geben bereits die Bandbreite des Programms an: Auf das neue 'A Thousand Years' folgt der alte Knüller 'If You Love Somebody', und so geht's weiter. Rolle vor und zurück. 'Brand New Day' heißt das hervorragende aktuelle Album, aber so brandneu ist an diesem Abend wenig. Was kein Nachteil sein muss.
Die wahre Überraschung ist Stings neuformierte Klasse-Band, die den musikalischen Slalom zwischen den Stilen souverän meistert. Insgesamt stehen sechs Musiker und zwei SängerInnen auf der Bühne. Der Sound in der problematischen Frankenhalle bietet keinerlei Anlass zur Klage. Nie war Sting näher an der eleganten Jazz-Rock-Fusion der 'Bring On The Night'-Phase wie jetzt. Nach dem Tod von Kenny Kirkland sitzt nun Jason Rebello an den Keyboards, der ebenso wie der Trompeter Chris Botti ausgesprochenes Jazz-Feeling beweist. Der zweite Keyboard-Spieler ist Mark Elderidge, dazu kommt Stings langjähriger Gitarrist Dominic Miller. Eine Klasse für sich ist der atemberaubende Schlagzeuger Manu Katché, der bei 'Perfect Love...Gone Wrong' auch als französischer Rapper verblüfft.
Der eklektische, typische Sting-Sound klingt so weltoffen wie nie: Arabische Rai-Musik (Desert Rose) und Kurt-Weill-Zitate (Moon Over Bourbon Street), Country, Cool-Jazz und Rap, Rock und Pop - alle Gegensätze lösen sich hier in Wohlgefallen auf. Sting zieht keine Show ab, sondern setzt ganz auf die Musik. Die ironiefreien Songs, natürlich auch die obligaten Police-Reminiszenzen 'Roxanne' und 'Every Breath You Take' werden behutsam aufgefrischt und die Musiker dürfen sich immer wieder mal solistisch austoben. Zweifellos ist das der vielseitigste Sting, den es je gab.
(c) Nordbayerische Nachrichten
Das magische Signal...
Mit den Konzerten von Sting ist das so eine Sache. Man weiß vorher nie genau, was man geboten bekommt: fast schon brutal vorgetragenen Rock oder eine melodisch verspielte Variante seines umfassenden Werkes.
In der Nürnberger Frankenhalle hat sich der 48-jährige Engländer zu letzterer Alternative entschlossen. Eher in sich versunken, spielt er mit den Tönen, lässt die Songs der aktuellen CD 'Brand New Day' und der Vorvorgängerin 'Fields of Gold' dahingleiten. Feinsinnige und filigrane Musik, die eigentlich eher in einen kleinen Club gehört, als in eine große Halle.
Entsprechend lauscht das Publikum mehr oder weniger aufmerksam Seven Days oder 'Mad About You'. Die Stimmung ist für den Auftritt eines Weltstars der Rockmusik ungewöhnlich bedächtig. Kein rhythmisches Klatschen, kein aufbrandender Jubel, kaum Feuerzeuge. Doch Sting hat ja noch seine Sachen aus der ''Police''-Zeit auf Lager und setzt sie als Kontrapunkt ein, wenn die Post abgehen soll. 'Every Little Thing She Does Is Magic' ist das Signal. Darauf haben die Fans gewartet.
Und Gordon Sumner alias Sting hämmert und zupft quietschvergnügt an seinem Bass herum. Von der Grippe, die ihn zuletzt einige Auftritte absagen ließ, keine Spur. Den ersten Höhepunkt liefert 'Moon Over Bourbon Street', das in einem herrlich verjazzten Gewand daherkommt. Die Choreografie gleicht einem Steigerungslauf: 'Englishman In New York' als Appetitanreger für die derzeitigen Hits 'Brand New Day' und 'Desert Rose'.
Dazwischen kommt die obligatorische Roxanne zu Ehren. So kraftvoll hat Sting den alten ''Police''-Klassiker selten angeboten. Jetzt ist's angerichtet, um auch das ganze Repertoire seiner Nebenleute zu präsentieren. 'Bring On The Night' wird einmal mehr zu einem Erlebnis. Nicht nur, weil Sting das Geschick beweist, sich je nachdem in den Vorder- oder Hintergrund zu stellen, sondern weil Jason Rebellos Finger flink über die Keyboard-Tastatur tanzen und Chris Botti seiner Trompete die überraschendsten Jazz-Klänge entlockt.
Die Gänsehaut-Abteilung wird beim glänzend inszenierten Nachschlag zufrieden gestellt: Ein erschöpfter Sting haucht, die Akustik-Gitarre vor den Bauch geschnallt, das Solo 'Message In A Bottle' und lässt nochmals seine Band auf die Bühne kommen. Für 'Fragile' - was sonst. Viele Pärchen im Publikum haben sich längst umschlungen.
So ist das eben mit Konzerten von Sting: Man weiß nie genau, was man geboten bekommt. Keinesfalls sollte man zu früh gehen.
(c) Volksblatt by Josef Schäfer