Englishman in Hamburg - Sting begeistert in der Color Line Arena...
Sting rockt. Auch mit 53 Jahren und nach drei Jahrzehnten im Musikbusiness kann er seine Fans noch restlos begeistern. Dabei sind es vor allem die alten Hits, die in der fast ausverkauften Color Line Arena beim ersten Deutschlandkonzert seiner 'Sacred Love Tour' für Jubel sorgen: Klassiker wie 'Every Breath You Take', 'Roxanne' oder 'Englishman in New York'.
Es dauert jedoch ein wenig, bis die Zuschauer aus sich herausgehen am Freitagabend - in der Menge wird genauso viel gekuschelt wie getanzt, der Altersdurchschnitt liegt inzwischen eher über 40. Dennoch gelingt es Sting mit 'Brand New Day', Lied Nummer fünf, gefolgt von einer wuchtigen Jazz-Improvisation am Ende des eigentlich verträumten 'I Was Brought To My Senses', die Stimmung zu entfesseln. Dabei machte der Künstler es sich nicht leicht an diesem Novemberabend: Er spielte einige Stücke aus seinem aktuellen Album 'Sacred Love'. Angenehm: Sting verzichtet auf große Gesten und Showeffekte - kein Feuerwerk, keine bombastische Lichtshow lenken ab. Lediglich Videoleinwände illustrieren die Songs im Hintergrund. Der Sänger konzentriert sich auf die Musik.
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Sting: Sieg der Routine
Als nach knapp zwei Stunden in der Color-Line-Arena das Saallicht anging, verließen die Menschen recht zügig die Halle. Der Beifall, den sie gespendet hatten, war freundlich gewesen. Ein versöhnliches Finale.
Was war geschehen? Letztlich nicht allzuviel. Nachdem der talentierte Trompeter Chris Botti mit seiner Band einen Klangteppich aus Jazzrock und angejazzten Balladen auf die Menge gelegt hatte, betrat Sting die Bühne zum Auftakt seiner Deutschland-Tour, mit ihm fünf Musiker und zwei Background-Sängerinnen. Ein routiniertes Programm begann.
'Send Your Love' von Stings aktuellem Album 'Sacred Love' macht den Anfang. Treibend der Rhythmus, so wie man es aus vielen Sting-Songs kennt, einige orientalisch anmutende Tupfer. Die Videowände zeigen Schönheiten, die sich in bauchtänzelnder Gymnastik üben. Der Grund bleibt im dunkeln. Es zieht sich durch den Abend: Recht spärlich bekleidete junge Damen legen Teile ihres Bindegewebes frei. In jugendfreier Dimension, versteht sich. Sting weiß, was sich gehört.
Songs aus dem neuen Album bilden das Gerüst des Konzerts - Pop von der Stange, gut gemacht, Konfektionsgrößen ohne individuellen Zuschnitt. Eingestreut die Erfolgstitel 'Brand New Day', 'They Dance Alone' und 'Fields Of Gold' - allesamt in freundlichen Versionen. Stings musikalischer Strom ist der Mainstream, von Ecken und Kanten befreit.
Höhepunkte: das Duett mit Joy Rose in 'Whenever I Say Your Name' - die Frau singt alles an die Wand, was nach Kehlkopf aussieht -, einige Soli von Gitarrist Dominic Miller, ein dynamischer Auftritt von Trompeter Chris Botti - leider nur für einen Song.
Und die Klassiker? 'Englishman In New York' als trockener Reggae, 'Roxanne' als verspielter Acht-Minuten-Remix, 'Every Breath You Take' in der ersten Zugabe. Das war's. Ein Popstar gab sich professionell routiniert. Das Herzblut fehlte. (va)
Sting (51) bei seinem Konzert in der Color-Line-Arena. Der Sänger und Bassist brachte 1978 mit der Band Police das erste Album heraus, 1984 startete er seine erfolgreiche Solokarriere. Der in Newcastle geborene Ex-Lehrer ist auch Schauspieler und Buchautor. Zudem engagiert er sich u. a. bei Amnesty International und unterstützt Projekte gegen das Sterben des Regenwaldes.
(c) Hamburger Abendblatt by Volker Albers
Energisch und experimentell...
Sting rockt. Auch mit 53 Jahren und nach drei Jahrzehnten im Musikbusiness kann er seine Fans noch restlos begeistern.
Aber es sind vor allem die alten Hits, die die Stimmung in der ausverkauften Hamburger Color Line Arena beim ersten Deutschlandkonzert seiner 'Sacred Love Tour' richtig hochkochen lassen: Klassiker wie 'Every Breath You Take' aus Police-Zeiten, 'Roxanne' oder 'Englishman in New York'.
Es dauert jedoch ein wenig, bis die Zuschauer aus sich herausgehen am Freitagabend - was auch daran liegen mag, dass der typische Sting-Fan kein Mensch der großen Emotionen ist: In der Menge wird genauso viel gekuschelt wie getanzt, und der Altersdurchschnitt liegt inzwischen eher über 40. Dieses Publikum muss erst entfesselt werden.
Das schafft das optimistische 'Brand New Day', Lied Nummer fünf, bei dem das erste Gefühl von Gemeinsamkeit im Saal aufkommt. Mit einer wuchtigen Jazz-Improvisation am Ende des eigentlich verträumten 'I Was Brought To My Senses' bricht das Eis weiter. Und als schließlich bei der Ballade 'Whenever I Call Your Name' die Background-Sängerin ein furioses Stimm-Feuerwerk zündet und den Chef in den Schatten stellt, ist es geschafft: Die Menge kocht.
Sting macht es sich auch nicht leicht an diesem Novemberabend: Er legt mehr Gewicht auf Stücke aus seinem aktuellen Album 'Sacred Love', das seine Fan-Gemeinde noch nicht so ins Herz geschlossen hat. Außerdem zeigt er sich durchaus experimentierfreudig: Ein jüngerer Schlagzeuger hat den alten Songs wieder mehr Biss gegeben, Sting lässt den Jazzer Chris Botti kräftig in die Trompete blasen oder ungewohnte Klavierklänge die Oberhand gewinnen, so dass man sich zuweilen eher in einer Jam-Session wähnt als in einem kuscheligen Sting-Konzert.
Allerdings verströmt Sting immer noch eine geballte Ladung Energie. Mit dem von Disco-Beats getriebenen 'Send Your Love' legt er gleich zu Beginn ordentlich los und sein schwarzes Sakko ab. Der Brite hat sich wie ein junger Rebell wieder lange Haare wachsen lassen und ist genauso fit und dürr wie eh und je. Seine typischen Luftsprünge aus alten Police-Zeiten zeugen von seiner Agilität.
Dabei verzichtet Sting auf große Gesten und Showeffekte - kein Feuerwerk, keine bombastische Lichtshow lenken ab. Er konzentriert sich auf die Musik. Lediglich Videoleinwände illustrieren die Songs im Hintergrund: Bei 'Roxanne' ist die Bühne in feuriges Rot getaucht, 'Sacred Love' wird mit einem Striptease unterlegt und zu 'Fragile' fallen gezeichnete Bomben auf Öltürme.
Es liegt immer ein Hauch von Nostalgie und Herbst in der Luft bei Sting-Konzerten. Seine Fans, vornehmlich die Generation zwischen den 68ern und der Punk-Bewegung, kommen zu Sting auf der Suche nach ihrer Jugend, nach dem Lebensgefühl, zu dem seine Songs einst der Soundtrack waren. Aber genauso wie das Publikum auf Sting angewiesen ist, braucht auch er es. Seit mehr als 30 Jahren ist er fast ständig auf Tour, egal, ob es ihm gut oder schlecht geht, ob seiner Kinder geboren werden oder seine Eltern sterben. Es ist als wäre er ständig auf der Flucht vor sich selbst und nur auf der Bühne sicher, wenn er wieder einmal beweist, dass er immer noch Tausende dazu bringen kann, mit ihm ''Roxa-a-ane-Oh'' zu singen.
Sting war nie ein Sex-Symbol wie Mick Jagger oder ein Mädchenschwarm wie Paul McCartney, sondern galt eher als der intellektuelle Rockstar - und so ist auch sein Publikum. Musik sei schon immer eine Therapie für ihn gewesen, sagte Sting einmal. Und wenn man erlebt, wie er ins Mikrofon brüllt oder den ''Englishman'' mit einer Pantomime unterlegt, in der Musik aufgeht und in der Liebe der Fans badet, weiß man, dass es auch heute noch so ist.
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