Jungsein ist doch keine Frage des Alters...

September 22, 2007

Comeback des Jahres: Das umjubelte "Police"-Konzert im Münchner Olympiastadion...

Auf ihrer ersten Welttournee seit 24 Jahren begeisterte das britische Rock-Trio "The Police" im nicht ausverkauften Münchner Olympiastadion. Etwa 45,000 Fans erlebten an einem lauen Spätsommerabend das aufregendste Comeback des Jahres.

Comeback oder Hexerei? Die drei Typen, die da auf der Bühne ihre Instrumente bearbeiten, sind noch keine dreißig Jahre alt. Das kann doch nicht wahr sein. Kann man die Zeit wirklich zurückdrehen? Ist Sting in den Jungbrunnen gefallen? Auf den ersten Blick scheint alles zu stimmen: Das Aussehen, die Stimme, der Bass, der Sound. Nur die Songs hat man anders in Erinnerung.

Des Rätsels Lösung: In der Vorgruppe Fiction Plane gibt Stings Sohn Joe Sumner den Ton an, ganz der Papa. Offenkundig hat er aber den Songtitel 'Walking in your Footsteps' allzu wörtlich genommen. Auch für Rockmusiker ist es nicht leicht, aus dem übermächtigen Schatten des Vaters herauszutreten.

Der Alte dagegen beweist, dass Jungsein keine Frage des Alters ist. "Police" macht einfach da weiter, wo vor fast einem Vierteljahrhundert alles aufgehört hat - und wischt alle kritischen Einwände kurzerhand vom Tisch. Im Vergleich zu all den reanimierten Rock-Dinosaurieren wirkt das Trio vital, überhaupt nicht peinlich und voll auf der Höhe der Zeit.

Das Konzert beginnt mit der erlösenden Flaschenpost 'Message in a Bottle', nach der sich die Fangemeinde so lange gesehnt hat. Die übergroße Erwartung entlädt sich im kollektiven Jubel. Das anschließende Hit-Feuerwerk dauert zwei Stunden und lässt viel Spielraum für unbekanntere Songs und Improvisationen. Die unverwechselbare und unverwüstliche Musik von "Police" steht eindeutig im Zentrum. Die geschmackvolle, farbenprächtige Lightshow mit brillanten Videobildern sorgt für den angemessenen Rahmen, der Sound ist kraftvoll und kristallklar.

Sting verteidigt seine Stellung als Platzhirsch mühelos: Der Mittfünziger sieht unverschämt gut aus und ist prächtig bei Stimme. Sein ramponierter Bass schaut aus wie Sperrmüll, pumpt aber pausenlos Energie in die Musik. Die Hände von Andy Summers wirken in Großaufnahme wie die eines alten Mannes. Tatsächlich hat der in sich versunkene Gitarrist ja auch 65 Jahre auf dem Buckel. Aber wenn er etwa bei 'Hole in my Life' eines seiner virtuos jaulenden Jazz-Rock-Soli einfließen lässt, spielt das überhaupt keine Rolle.

Das eigentliche Kraftzentrum bildet Stewart Copeland am Schlagzeug. Der asketisch wirkende Mann mit der Nickelbrille ist Spezialist für vertrackte Rhythmen, sorgt für Spannung und Dynamik. All das zusammengenommen macht wohl das Geheimnis von "Police" aus: Besser kann ein Rock-Trio nicht spielen.

Sportiv, geistreich und gefühlsbetont - diese Mischung macht's. Auch wenn die clevere Kombination von Rock mit Reggae, Ska und New Wave nicht mehr der letzte Schrei ist, zünden die Songs mit den Mitsing-Refrains immer noch. Die Fans bekommen ein Wunschkonzert mit allen Hits, von 'Don't Stand so Close to Me' bis 'Every Breath You Take'. Und selbst wenn es nie mehr neue "Police"-Songs geben sollte, auf das Live-Album dieser Comeback-Tour darf man sich schon jetzt freuen.

© Nürnberger Nachrichten by Steffen Radlmaier

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